Jazz mit starken Melodien

Jazz mit starken Melodien
Das „Pär Lammers Trio“ mit Vorgruppe zu Gast bei der „Nachtbar“ im F1 des Stadttheaters

Für eine Jazz-Band ist die Besetzung des „Pär-Lammers-Trio“ nicht gerade außergewöhnlich: Piano, Schlagzeug, Bass. Umso überraschender ist ihre Musik. Von ihrem etwas anderen Jazz-Verständnis konnte man sich am Freitagabend in der Reihe „Nachtbar“ im F1 des Stadttheaters überzeugen. Doch bevor das Trio die Herzen und Köpfe der Zuschauer für sich einnahm, sorgten die Schauspieler Aljoscha Domes, Jan Gehler und Moritz Tittel mit einer Jazz-Lesung für die richtige Atmosphäre. Ein Spiel mit dem Klischee der Ernst- und Bedeutungshaftigkeit von Jazz-Musik.
Unterschiedliche Texte werden von den Schauspielern überlagert, variiert und so immer wieder neue Bedeutungsebenen geschaffen. Die DVD-Player-Gebrauchsanweisung trifft auf die Gebrauchsanweisung für die Sexstellung „Der Bildhauer“ und die Briefe Lenins auf schriftliche Jobabsagen. Dabei sind sich die drei Schauspieler auch für karnevaleske Momente nicht zu schade. Von der Torte im Gesicht bis zur Mickeymausstimme, herbeigeführt durch Helium aus dem Luftballon. Am Ende dann das „Einheitsfrontlied“ von Brecht und Weil. Ein gelangweiltes Publikum musste das Amsterdamer „Pär-Lammers-Trio“, das zuletzt in Hildesheim auf der Geburtstagsfeier des „Cyclus 66“ spielte, nicht befürchten.
Benni Wellenbeck (Schlagzeug) und Marcel Krömker (Kontrabass) legen auch sofort los. Mit einem mitreißenden Beat und einer ebenso mitreißenden Hookline. Pär Lammers (Piano) hingegen lässt sich erst einmal Zeit. Das Jackett wird ausgezogen, die Hosentaschen gelehrt. Er spielt mit der Erwartungshaltung des Publikums, kann sich dieses Spiel aber auch leisten. Denn das Trio hat etwas zu bieten. Lammers setzt ein und schon sind sie da, diese süchtig machenden Melodien. Stücke wie „Mo-Lan-Cho-lisch“ oder „All die bunten Schafe“ sind gleich vertraut und man möchte sich nicht von ihnen trennen. Dabei umschmeichelt die Musik nicht nur den Zuhörer, sondern fordert ihn gleichzeitig heraus. Denn zwischen den immer wiederkehrenden Melodiebögen liegen längere Improvisationsstrecken. Alle drei Musiker bringen sich mit ihrem Spiel virtuos ein und bilden gleichzeitig eine Einheit. Es ist eine äußerst spannungsgeladene Musik, die an die Struktur von Film-Soundtracks erinnert. Durch die Wiederholungen entsteht eine emotionale Bindung und man kann es kaum erwarten, bereits Bekanntes erneut zu hören. Ebenfalls unterhaltend sind Lammers Ansagen. Gegen die Kaufargumente für die neue CD „All die bunten Schafe“ gibt es jedenfalls nichts einzuwenden: „Gutes Cover. Gute Lieder.“
Neben den Eigenkompositionen werden in der zweiten Konzerthälfte auch bekannte Stücke neu interpretiert. Nicht etwa Jazzstandards, sondern Klassiker der Popmusik. Depech Modes „Enjoy the silence“ berührt auch ohne Dave Gahans Gesang zutiefst und wird mit besonders viel Applaus bedacht. Gehen lassen wollten die Zuschauer die Band am Ende nicht. Vor allem nicht nach der Zugabe von Oasis „Wonderwall“. Passiert sei Ihnen das angeblich noch nie, behauptet Lammers. Daher sehe er sich genötigt, einen etwas ruhigeren Song zu spielen, damit das Publikum nicht so ganz aus dem Häuschen sei. Es war die letzte Zugabe.

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